Weshalb nicht maschinengetippt, schwarz auf weiss,
wie gehabt, präzis und klar lesbar?
Die Kreide, Stifte, ihr farbenprächtiges Spektrum,
spielen mit meiner Lebensfreude, der Lust an den Wörtern,
vielleicht auch der Wehmut, des Zweifels…
Erst ins Heft gekritzelt, mein Bleistift ungelenk, zögerlich,
will Striche ziehen über die Wörter.
Ich zaudere, mein Stift stockt,
dann doch eine Zeile, und eine mehr…
Alles ist fiktiv: In das Textgewebe verflochten ist die Uraufführung eines neu aufgefundenen Cellokonzertes von Felix Mendelssohn Bartholdy. Zu diesem Konzert, längst verloren, gibt es Belege: Mendelssohn hatte tatsächlich den 1. Satz eines Konzerts für Violoncell komponiert. Es lässt sich spekulieren, wie die Landschaft der Cellomusik gestaltet wäre, hätte das Konzert überlebt. Allein Literatur vermag Potentialitäten zu erkunden.
Nichts ist fiktiv: Mit dem basso continuo auch verknüpft sind die Geschichten von Luigi Tarisio, einem begnadeten italienischen Geigensammler, und F. X. Tourte, einem bahnbrechenden Bogenbauer aus Paris. Unzweifelhaft: Das Violoncello ist ein genuin europäisches Projekt…
Und welches Instrument bietet ein solch unerhörtes breites Klangregister wie das Violoncello? Vier Stimmen, vier Menschen und vier verschiedene Klänge dringen in meine Komposition. Der Text nimmt experimentelle Züge an, es ergeben sich zeitweilig auch Streitgespräche. Das Violoncello: Ein Instrument, das Sehnsucht weckt, Leidenschaft und Innigkeit.
Bloss Monate nach meiner Ankunft in Basel anfangs Sommer 2003 lerne ich, neugierig, was die Stadt in fotografischer Hinsicht hergeben mag, Ruth und Peter Herzog kennen. Das Basler Sammlerehepaar präsentiert zu diesem Zeitpunkt auf einem Gewerbeareal, dem Dreispitz, regelmässig Ausstellungen aus seinen immensen fotografischen Beständen. Ihr Fokus liegt auf der historischen Fotografie sowie der Amateurfotografie.
Bereits 1974 begann das Basler Ehepaar Ruth und Peter Herzog Fotografien zu sammeln. Im Laufe der Jahrzehnte sollte sich ein Fundus von über 500’000 Bildern anhäufen – heuer spannt er den Bogen vom Beginn der Fotografie 1839 bis in die späten 1960er Jahre hinein. Die Alben und Schachteln bieten eine faszinierende Vielfalt von Themen, geographischen Räumen, auch von Techniken.
Seit 2015 liegt die Fotosammlung im Besitz der Architekten Jacques Herzog und Pierre de Meuron. Sie haben sie in die Stiftung, die ihren Nachlass birgt, integriert. Damit wird der Dreispitz, mittlerweile auch als Campus des Bildes bekannt, der Sammlung zum permanenten Heim. Hier wird sie denn auch digitalisiert und archiviert, und via einer Sammlung Online der Öffentlichkeit zugänglich gemacht.
Nach meiner Begegnung mit Ruth und Peter Herzog brechen die Gespräche nicht mehr ab. Ich darf die Sammlung über Jahre hinweg begleiten, erst innerhalb der Fondation Herzog, später im Rahmen des ‘Jacques Herzog und Pierre de Meuron Kabinett, Basel’. Und lasse mich berauschen vom Lebensgefühl einer vergangenen Epoche, von Bildern zu exotischen Reisen, urbanem Aufbruch oder von schlichten Stillleben.
Nachdem der ‘Hauptbau’ der Sammlung erstmals Online vorgestellt wird, beschliesse ich, auf Spurensuche zu gehen – mithilfe von Gesprächen mit Ruth und Peter Herzog das Wesen ihrer grandiosen Sammlung zu entdecken. Texte und Abbildungen sollen erhellen, wie diese komplex ausgerichtete Sammlung sich im Laufe der Jahrzehnte geformt hat. Ein neues Buch will entstehen…